Ergebnisse der Studie

Auf dieser Seite finden Sie einige interessante Ergebnisse unser Studie "Fair: Arbeiten in Deutschland". Insgesamt nahmen mehr als 7.500 Beschäfigte aus deutschen Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden teil.

(1) Welche Gerechtigkeitsprinzipien erfahren am meisten Zustimmung?

Im Laufe der Befragung wurden die Teilnehmer*innen gefragt, was ihrer Ansicht nach eine Gesellschaft gerecht mache. Das Ergebnis zeigt ein klares Meinungsbild unter den Befragten. Mit 83 Prozent gaben die meisten der Befragten ihre Zustimmung dem Verdienst-Prinzip („Eine Gesellschaft ist gerecht, wenn hart arbeitende Menschen mehr verdienen als andere“). Auch die Bedürftigkeit („Eine Gesellschaft ist gerecht, wenn sie sich um Arme und Bedürftige kümmert, unabhängig davon, was diese der Gesellschaft zurückgeben“) erhielt überwiegend Zustimmung (73 Prozent). Nur 26 Prozent stimmten dem Gerechtigkeitsprinzip basierend auf Gleichheit („Eine Gesellschaft ist gerecht, wenn Einkommen und Vermögen gleichmäßig auf alle Menschen verteilt sind“) zu. Dementsprechend erhielt das Gleichheits-Prinzip auch die meiste Ablehnung – 47 Prozent lehnten diese Aussage ab, von diesen sogar 16 Prozent stark. Um die Gerechtigkeit von Gehältern einzuschätzen orientieren sich die Teilnehmer*innen demnach vor allen an den individuellen Leistungen und Bedürfnissen. Eine gleiche Bezahlung aller Menschen – unabhängig von Leistung und Bedürfnis – wird überwiegend abgelehnt.


(2) Wie gerecht wird das eigene Gehalt wahrgenommen?

Die Befragten wurden gebeten anzugeben, für wie gerecht sie ihr eigenes monatliches Bruttogehalt halten. 39 Prozent der Befragten stuften ihr Gehalt als gerecht ein. Auffällig ist, dass das Gehalt bei zunehmend älteren Altersgruppen häufiger als gerecht eingestuft wurde. Dies ändert sich erst bei der Altersgruppe der über 60-Jährigen. Doch auch hier ist der Anteil der Personen, die ihr Gehalt als gerecht empfinden noch 41 Prozent und somit höher als bei den 20-29-Jährigen (32%). Lediglich ein kleiner Teil der Befragten gab an, ein zu hohes Gehalt zu erhalten (5%). Insgesamt gibt es in allen Altersgruppen einen Anteil von zwischen 40 und 50 Prozent, die ihr Gehalt als etwas zu niedrig einschätzen, während lediglich 14 bis 16 Prozent der Befragten ihr Gehalt als deutlich zu niedrig einschätzen. Die Frage nach der Gerechtigkeit des eigenen Gehaltes offenbarte dementsprechend eine moderate Unzufriedenheit, die jedoch mit zunehmendem Alter etwas geringer ausfällt.


(3) Unterscheidet sich das tatsächliche Gehalt von einem fairen Gehalt?

In der Befragung wurden die Teilnehmer*innen nicht nur gefragt, wie gerecht sie ihr eigenes Bruttogehalt einstufen, sondern auch, was ihrer Ansicht nach ein gerechter Bruttoverdienst für ihre Arbeit wäre. Die große Bandbreite der Angaben zu beiden Fragen erkennt man an der breiten Streuung der Punkte. Jedoch liegen 50 Prozent der Angaben (gekennzeichnet durch die blaue Box) zwischen 3.000 und 5.000€. Zum Vergleich: Mit ihrem tatsächlichen Verdienst liegen 50 Prozent der Befragten zwischen 2.750€ und 5.000€. Die Realität liegt trotz dieser Unterschiede also nicht so weit von der als gerecht empfundenen Verdienstvorstellung entfernt.

Ein Blick auf die Mediane, also die Werte, die die oberen 50 Prozent der Angaben von den unteren 50 Prozent trennen, ergibt, dass es eine Lücke zwischen aktuellem und gerechtem Gehalt von 335€ gibt. Die Teilnehmer*innen wünschen sich somit eine durchschnittliche Gehaltssteigerung von circa 9 Prozent, um ihr Gehalt als fair einzuschätzen.


(4) Welche Faktoren sind am relevantesten um die Gerechtigkeit eines Gehalts einstufen zu können?

Die Frage welches Gehalt für welche Stelle angemessen ist, beantwortet jede*r etwas unterschiedlich. Auch die Kriterien, anhand derer man ein gerechtes Gehalt einstuft, variieren von Person zu Person. In der Umfrage stuften die Teilnehmer*innen sieben Faktoren nach ihrer Relevanz für eine gerechte Bezahlung ein. Die meiste Zustimmung erhielt eine leistungsorientierte Bezahlung. 38 Prozent der Befragten ordneteten Leistung als den wichtigsten Faktor zur Beurteilung ein. Auf den Faktor Leistung folgt der Aspekt Qualifikationen, welcher von 32 Prozent auf erster Stelle verordnet wurde. Auch der Arbeitsumfang spielte noch eine wichtige Rolle bei der Einstufung des Gehalts als gerecht oder ungerecht. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit war für viele der Befragten zwar nicht unter den relevantesten Faktoren, wurde jedoch dennoch von einem Drittel der Befragten in die Top drei gerankt. Anders verhielt es sich mit dem Faktor Alter. Die häufigste Platzierung (26%) war Rang 5. Am wenigsten relevant waren für die Teilnehmer*innen die Faktoren Geschlecht und Anzahl der Kinder. Diese Faktoren wurden von 43 Prozent (Geschlecht) und 34 Prozent (Anzahl der Kinder) als irrelevant eingestuft.


(5) Wird mit Kolleg*innen über Gehälter gesprochen?

„Über Geld spricht man nicht“ – noch immer ist es in Deutschland häufig ein Tabu über die eigenen oder fremden Gehälter zu sprechen. Trotz entsprechender Gesetze wie zum Beispiel dem Entgelttransparenzgesetz gibt es keinen regelmäßigen und offenen Austausch über Gehälter. Um herauszufinden, ob es hierbei Unterschiede unter den Teilnehmer*innen gibt, wurden diese gefragt, ob sie sich jemals mit ihren Kolleginnen und Kollegen über ihre Gehälter ausgetauscht haben. Knapp über die Hälfte der Befragten bejahten diese Frage.

Interessant ist es, dass sich ein unterschiedliches Bild abzeichnet, bezieht man das Alter der Befragten mit ein. Während bei den 20-29-Jährigen etwas über 72 Prozent die Frage mit „ja“ beantworteten, sinkt der Anteil der Arbeitnehmer*innen die sich über ihr Gehalt austauschten auf knapp unter 47 Prozent bei der Altersgruppe 60-69 Jahre. Diese Ergebnisse ermöglichen zwei Interpretationen: Sie könnten einerseits darauf hinweisen, dass es möglicherweise einen Generationenwechsel hinsichtlich der Offenheit über Gehälter zu sprechen gibt. Andererseits ist es auch denkbar, dass Beschäftigte sich zu Beginn ihrer Karriere eher über Gehälter austauschen, als in späteren Berufsjahren.


(6) Wie werden die Chancen eine Arbeitsstelle in Deutschland zu erhalten wahrgenommen?

Die Suche nach einer geeigneten Arbeitsstelle ist nicht immer einfach und stressfrei. Dennoch stimmte die Mehrheit der Befragten der Aussage „Ich hätte eine faire Chance, die von mir angestrebte Stelle zu bekommen“ zu. Ein anderes Bild zeigt sich, wenn man die Eigenperspektive verlässt und den Blick auf ganz Deutschland richtet. Hier antworteten statt 20 Prozent nur noch 4 Prozent der Befragten, dass die Aussage „Alle Menschen hätten eine faire Chance, die von ihnen angestrebte Stelle zu bekommen“ voll und ganz zutreffe. Generell schätzten die Befragten ihre eigene Position im Stellenwettbewerb fairer als die der Allgemeinheit ein. Beide Aussagen wurden von circa 7 Prozent der Teilnehmer*innen komplett abgelehnt.

Ein Faktor, der diese Ergebnisse beeinflussen könnte, ist, dass an „Fair: Arbeiten in Deutschland“ nur Menschen, die in einem Arbeitsverhältnis angestellt sind, teilgenommen haben. So würden beispielsweise Arbeitssuchende die Chancen auf einen Job vermutlich weniger positiv für sich einschätzen.


(7) Unterscheiden sich Frauen und Männer in ihrer beruflichen Zufriedenheit?

Die berufliche Zufriedenheit kann sich aus verschiedenen Teilbereichen zusammensetzen. Deswegen wurden die Teilnehmer*innen der Befragung zu ihrer gegenwärtigen Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen befragt. Die Auswertung zeigt ein Bild der überwiegenden Zufriedenheit. Am häufigsten „ganz und gar zufrieden“ sind die Befragten mit ihrem Lebensstandard (13%), am häufigsten „ganz und gar unzufrieden“ mit ihrem Erwerbseinkommen, wobei es sich hierbei mit knapp 4 Prozent um eine sehr kleine Gruppe handelt.

Am meisten Unterschiede zwischen den Frauen und Männern der Befragung sind bei der Zufriedenheit mit dem eigenen Erwerbseinkommen zu beobachten. Während sich mehr Frauen (30% im Vergleich zu 24% der Männer) im Spektrum zwischen „ganz und gar unzufrieden“ und der Mitte einordnen, unterscheiden sie sich in der prozentualen Häufigkeit der vollkommenen Zufriedenheit um weniger als ein Prozent. Die tatsächlichen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland scheinen sich somit auch in der persönlichen Zufriedenheit mit dem eigenen Erwerbseinkommen widerzuspiegeln.


(8) Welche Faktoren sind am relevantesten für eine erfolgreiche Beförderung?

Welche Kriterien werden am wichtigsten und welche als weniger wichtig für Beförderungen im eigenen Betrieb wahrgenommen? Die Teilnehmer*innen von „Fair: Arbeiten in Deutschland“ bekamen die Möglichkeit neun Charaktereigenschaften nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen.

Die mit Abstand meiste Zustimmung erhielt die fachliche Kompetenz. 45 Prozent der Befragten ordneteten Fachkompetenz als den wichtigsten Faktor für Beförderungen ein. Als weitere wichtige Faktoren wurden persönliche -, soziale - und Führungskompetenz genannt. Weniger wichtig erscheinen den Befragten ethische Werte, allgemeine Intelligenz und Seniorität (also die bisherige Anstellungsdauer im aktuellen Betrieb). Am wenigsten relevant für Beförderungen werden Beziehungen zu wichtigen Personen sowie das Geschlecht eingeordnet. Das Geschlecht wird von 50 Prozent der Befragten nicht in das Ranking aufgenommen.


(9) Corona: Home-Office im letzten Jahr, nach Geschlecht und nach Branchen?

Mit der COVID-19 Pandemie stieg die Anzahl der Arbeitnehmer*innen im Home-Office rasant an. Dadurch erhöhte sich sowohl das öffentliche Interesse als auch das Forschungsinteresse an dieser Form des Arbeitsplatzes noch weiter. Um herauszufinden, welche Einflüsse das Home-Office haben kann, wurde die Situation der Teilnehmer*innen der Studie abgefragt. Die Befragten gaben an, ob sie im vergangenen Jahr (Mitte 2020 bis Mitte 2021) überwiegend, teilweise oder nicht im Home-Office gearbeitet haben. Eine Hälfte der Teilnehmer*innen arbeitete tatsächlich mindestens teilweise im Home-Office. Männer und Frauenunterscheiden sich in ihrer Angabe nur um wenige Prozent (unter den Männern gaben knapp 2% mehr an, im Home-Office gearbeitet zu haben).

Größere Unterschiede bestehen jedoch zwischen verschiedenen Branchen. So arbeiten die Teilnehmer*innen aus Branchen mit einem hohen Anteil an systemrelevanten Tätigkeiten (z.B. Wasserversorgung, Gesundheits- und Sozialwesen) oder Tätigkeiten, die eine Anwesenheit am Arbeitsplatz erfordern (z.B. Bauwesen, Gastgewerbe) sehr selten von zu Hause. Den höchsten Anteil an Arbeitnehmer*innen, die im Home-Office arbeiten, weisen die Finanz- sowie die IT-Branche auf. In diesen Branchen gaben mehr als die Hälfte der Befragten an überwiegend von zu Hause zu arbeiten und lediglich ein kleiner Teil der Beschäftigten arbeitete zwischen Mitte 2020 und Mitte 2021 ausschließlich im Büro.